TRAUMAEXPOSITION UND PSYCHISCHE BELASTUNG DURCH ORGANISIERTE GEWALT IN KOLUMBIEN : Epidemiologie, Vergleich zwischen Tätern und Opfern, sowie eine Therapiestudie mit traumatisierten Gewaltakteuren
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Zusammenfassung
Kolumbien gehört weltweit zu den Kriegsländern. Interne Vertreibungen, erzwungene Verschwinden, Entführungen, tausende Morde und illegale Rekrutierung prägen die Geschichte des Lands seit mehr als 50 Jahren. Die vom Krieg betroffene Bevölkerung spaltet sich in Opfer, die Gewalt erfahren haben und Täter, die Gewalt ausgeübt haben, auf. Beide Gruppen haben grausame Gewalt erlebt, die die Bevölkerung nachhaltig beeinträchtigt.
Teil dieser Arbeit ist eine epidemiologische Querschnittstudie, die das Ziel verfolgt die psychischen Folgen verschiedener Formen von Gewalt bei Gewaltakteuren des Krieges in Kolumbien und den Opfern zu erfassen. Bei 436 Opfern und 252 Tätern des kolumbianischen Konflikts wurden die potentiell traumatischen Erfahrungen dokumentiert dabei wurde auf Traumaspektrumsstörungen wie Posttraumatische Belastungsstörung PTBS, Depression, Substanzmissbrauch, Somatisierungen und Funktionsbeeinträchtigung untersucht. In der Täterstichprobe wurden zusätzlich die Anzahl der Delikttypen und die Aggressionsbereitschaft erhoben.
Im Hinblick auf die Traumaexposition konnte gezeigt werden, dass Opfer und Täter mit einen hohen Anteil von Gewalterfahrungen konfrontiert waren, vor allem an soziopolitischer Gewalt, aber auch akzidentelle und medizinische Traumata, sowie häusliche und sexuelle Gewalt. Über 70% der Opfer und Täter waren direkt mit der soziopolitischen Gewalt in Kolumbien beispielsweise im Kriegsgebiet oder mit lebensgefährlichen Ereignissen konfrontiert.
Die PTBS-Prävalenz lag bei 34.5% für Opfer und 24.0% für Täter. Des Weiteren lag eine klinisch bedeutsame depressive Symptomatik vor. Ebenso waren physische Beschwerden bei Opfern und Tätern bedeutsam vorhanden. Im Gegenzug zeigten beide Gruppen eine geringe Prävalenz von Substanzkonsum.
Mit Regressionsmodellen wurden die Anzahl selbsterlebter und bezeugter Traumaereignistypen wie z.B. Alter, Geschlechtseffekte und Bildungsniveau auf die PTBS schwere und Depression getrennt für Opfer und Täter untersucht. Die PTBS-Symptome ließen sich durch eine niedrige Bildung und eine ansteigende Anzahl an selbst erlebten traumatischen Ereignistypen in beiden Stichproben erklären. Bei den Opfern waren das weibliches Geschlecht und die Anzahl der bezeugten Ereignistypen mit PTBS assoziiert. Dieser Zusammenhang konnte bei Tätern im Allgemeinen nicht nachgewiesen werden. Allerdings ist ein geringes Alter ein Prädiktor für PTBS.
Darüber hinaus korrelierten die Schwere der Depression mit dem weiblichen Geschlecht und der Anzahl an selbst erlebten Ereignistypen- sowohl bei Opfern als auch bei Tätern. Höheres Alter und bezeugte Ereignistypen erklärten einen bedeutsamen Anteil der Depression bei Opfern. Dahingegen zeigte sich bei Tätern, dass niedrige Bildung und geringes Einkommen mit schwerer Depression assoziiert war.
Die Traumatisierung wirkte sich unterschiedlich auf Täter und Opfer aus. Obwohl weibliche Opfer im Gegensatz zu anderen Gruppen signifikant weniger kriegsbezogener Gewalt ausgesetzt waren, litten sie stärker unter posttraumatischen und depressiven Symptomen als männliche Opfer. Außerdem litten sie unter häufiger physische Beschwerden als weiblichen Täter. Im Gegensatz wiesen weibliche Täterinnen trotz höherer Traumaexposition eine vergleichbare PTBS und Depressionsprävalenz auf. Die männlichen Opfer zeigten sich vergleichbar stark traumatisiert wie männliche Täter, jedoch litten sie häufiger unter Depression und Funktionsschwierigkeiten als diese letzte.
Unter den Tätern waren Frauen stärker von Depression und Funktionsbeeinträchtigung betroffen als Männer. Sie unterschieden sich nicht in der Ausprägung der posttraumatischen Symptome bekamen aber häufiger eine PTBS-Diagnose als Männer. Letztlich sind männliche Täter am geringsten von PTBS (vs. weibliche Täter) sowie von Depression und Funktionsbeeinträchtigung (vs. weibliche Täter und männliche Opfern) betroffen, obwohl sie signifikant über mehrfache Gewalterfahrungen berichten. Jedoch konnte sich nur in dieser Gruppe ein Zusammenhang zwischen posttraumatischen und depressiven Symptomen mit Substanzkonsum herleiten.
In der Tätergruppe wurde insbesondere das appetitive Gewalterleben, die Freude an aggressiven Gewaltakten, untersucht. Im Hinblick auf das appetitive Gewalterleben seitens der Täter stellte sich fest, dass männliche Täter signifikant häufiger Morde begangen und auch häufiger Leiche verstümmelten als weibliche Täter. Ebenso konnte nur bei den Männern ein Zusammenhang zwischen steigender Anzahl der Delikttypen und dem appetitiven Aggressionserleben festgestellt werden. Darüber hinaus konnte diese Aggressionsbereitschaft bei männlichen Tätern durch die Anzahl der begangenen Delikttypen, ein erhöhte Traumaexposition und ein junges Eintrittsalter in illegale Gruppen erklärt werden.
Die oben beschriebenen psychischen Befunden, insbesondere die PTBS, stellen ein soziökonomische Problem für ein Kriegsland wie Kolumbien dar, das weder über die fachliche noch über institutionelle Ressourcen verfügt, um die psychischen Folgen adäquat zu behandeln. Der Stand der aktuellen Forschung zeigt, dass die Traumafolgestörungen mit traumafokuzierten therapeutischen Methoden reduziert werden kann, jedoch mangelt es an wissenschaftlichen Belegen, ob diese Interventionen auch mit Tätern einsetzbar sind. Aus diesem Grund wurde im letzten Teil diese Arbeit mittels einer Pilotstudie die Umsetzbarkeit und Durchführbarkeit der Narrativen Expositionstherapie (NET), eine therapeutische Methode, die speziell bei der Behandlung von wiederholter und komplexer Traumatisierung angewendet wird. Die NET wurde bei sechs traumatisierten Tätern organisierte Gewalt in Kolumbien geprüft. Die Ergebnisse zeigten eine signifikante Reduktion des gesamten PTBS-Schweregrades sechs Monate nach Abschluss der NET-Intervention bei allen Therapieteilnehmern. Dieser Befund deutet darauf hin, dass auch Täter soziopolitischer Gewalt von der NET profitieren.
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ISO 690
BUENO CASTELLANOS, Claudia Patricia, 2015. TRAUMAEXPOSITION UND PSYCHISCHE BELASTUNG DURCH ORGANISIERTE GEWALT IN KOLUMBIEN : Epidemiologie, Vergleich zwischen Tätern und Opfern, sowie eine Therapiestudie mit traumatisierten Gewaltakteuren [Dissertation]. Konstanz: University of KonstanzBibTex
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In der Täterstichprobe wurden zusätzlich die Anzahl der Delikttypen und die Aggressionsbereitschaft erhoben.<br />Im Hinblick auf die Traumaexposition konnte gezeigt werden, dass Opfer und Täter mit einen hohen Anteil von Gewalterfahrungen konfrontiert waren, vor allem an soziopolitischer Gewalt, aber auch akzidentelle und medizinische Traumata, sowie häusliche und sexuelle Gewalt. Über 70% der Opfer und Täter waren direkt mit der soziopolitischen Gewalt in Kolumbien beispielsweise im Kriegsgebiet oder mit lebensgefährlichen Ereignissen konfrontiert.<br />Die PTBS-Prävalenz lag bei 34.5% für Opfer und 24.0% für Täter. Des Weiteren lag eine klinisch bedeutsame depressive Symptomatik vor. Ebenso waren physische Beschwerden bei Opfern und Tätern bedeutsam vorhanden. Im Gegenzug zeigten beide Gruppen eine geringe Prävalenz von Substanzkonsum.<br />Mit Regressionsmodellen wurden die Anzahl selbsterlebter und bezeugter Traumaereignistypen wie z.B. Alter, Geschlechtseffekte und Bildungsniveau auf die PTBS schwere und Depression getrennt für Opfer und Täter untersucht. Die PTBS-Symptome ließen sich durch eine niedrige Bildung und eine ansteigende Anzahl an selbst erlebten traumatischen Ereignistypen in beiden Stichproben erklären. Bei den Opfern waren das weibliches Geschlecht und die Anzahl der bezeugten Ereignistypen mit PTBS assoziiert. Dieser Zusammenhang konnte bei Tätern im Allgemeinen nicht nachgewiesen werden. Allerdings ist ein geringes Alter ein Prädiktor für PTBS.<br />Darüber hinaus korrelierten die Schwere der Depression mit dem weiblichen Geschlecht und der Anzahl an selbst erlebten Ereignistypen- sowohl bei Opfern als auch bei Tätern. Höheres Alter und bezeugte Ereignistypen erklärten einen bedeutsamen Anteil der Depression bei Opfern. Dahingegen zeigte sich bei Tätern, dass niedrige Bildung und geringes Einkommen mit schwerer Depression assoziiert war.<br />Die Traumatisierung wirkte sich unterschiedlich auf Täter und Opfer aus. Obwohl weibliche Opfer im Gegensatz zu anderen Gruppen signifikant weniger kriegsbezogener Gewalt ausgesetzt waren, litten sie stärker unter posttraumatischen und depressiven Symptomen als männliche Opfer. Außerdem litten sie unter häufiger physische Beschwerden als weiblichen Täter. Im Gegensatz wiesen weibliche Täterinnen trotz höherer Traumaexposition eine vergleichbare PTBS und Depressionsprävalenz auf. Die männlichen Opfer zeigten sich vergleichbar stark traumatisiert wie männliche Täter, jedoch litten sie häufiger unter Depression und Funktionsschwierigkeiten als diese letzte.<br />Unter den Tätern waren Frauen stärker von Depression und Funktionsbeeinträchtigung betroffen als Männer. Sie unterschieden sich nicht in der Ausprägung der posttraumatischen Symptome bekamen aber häufiger eine PTBS-Diagnose als Männer. Letztlich sind männliche Täter am geringsten von PTBS (vs. weibliche Täter) sowie von Depression und Funktionsbeeinträchtigung (vs. weibliche Täter und männliche Opfern) betroffen, obwohl sie signifikant über mehrfache Gewalterfahrungen berichten. Jedoch konnte sich nur in dieser Gruppe ein Zusammenhang zwischen posttraumatischen und depressiven Symptomen mit Substanzkonsum herleiten.<br />In der Tätergruppe wurde insbesondere das appetitive Gewalterleben, die Freude an aggressiven Gewaltakten, untersucht. Im Hinblick auf das appetitive Gewalterleben seitens der Täter stellte sich fest, dass männliche Täter signifikant häufiger Morde begangen und auch häufiger Leiche verstümmelten als weibliche Täter. Ebenso konnte nur bei den Männern ein Zusammenhang zwischen steigender Anzahl der Delikttypen und dem appetitiven Aggressionserleben festgestellt werden. Darüber hinaus konnte diese Aggressionsbereitschaft bei männlichen Tätern durch die Anzahl der begangenen Delikttypen, ein erhöhte Traumaexposition und ein junges Eintrittsalter in illegale Gruppen erklärt werden.<br />Die oben beschriebenen psychischen Befunden, insbesondere die PTBS, stellen ein soziökonomische Problem für ein Kriegsland wie Kolumbien dar, das weder über die fachliche noch über institutionelle Ressourcen verfügt, um die psychischen Folgen adäquat zu behandeln. Der Stand der aktuellen Forschung zeigt, dass die Traumafolgestörungen mit traumafokuzierten therapeutischen Methoden reduziert werden kann, jedoch mangelt es an wissenschaftlichen Belegen, ob diese Interventionen auch mit Tätern einsetzbar sind. Aus diesem Grund wurde im letzten Teil diese Arbeit mittels einer Pilotstudie die Umsetzbarkeit und Durchführbarkeit der Narrativen Expositionstherapie (NET), eine therapeutische Methode, die speziell bei der Behandlung von wiederholter und komplexer Traumatisierung angewendet wird. Die NET wurde bei sechs traumatisierten Tätern organisierte Gewalt in Kolumbien geprüft. Die Ergebnisse zeigten eine signifikante Reduktion des gesamten PTBS-Schweregrades sechs Monate nach Abschluss der NET-Intervention bei allen Therapieteilnehmern. Dieser Befund deutet darauf hin, dass auch Täter soziopolitischer Gewalt von der NET profitieren.<br /><sub></sub><sup></sup></dcterms:abstract> <bibo:uri rdf:resource="http://kops.uni-konstanz.de/handle/123456789/31523"/> <dcterms:isPartOf rdf:resource="https://kops.uni-konstanz.de/server/rdf/resource/123456789/43"/> <dc:creator>Bueno Castellanos, Claudia Patricia</dc:creator> <void:sparqlEndpoint rdf:resource="http://localhost/fuseki/dspace/sparql"/> <dspace:hasBitstream rdf:resource="https://kops.uni-konstanz.de/bitstream/123456789/31523/3/Bueno_0-297144.pdf"/> <dc:language>deu</dc:language> <dcterms:available rdf:datatype="http://www.w3.org/2001/XMLSchema#dateTime">2015-08-05T08:41:30Z</dcterms:available> </rdf:Description> </rdf:RDF>