Reduziert Cortisol das Abrufinduzierte Vergessen? : eine Doppelblindstudie

Abstract

Das Ziel der vorliegenden Arbeit bestand darin, zu untersuchen, ob Cortisol das Abrufinduzierte Vergessen reduziert. Um den Einfluss von Cortisol auf Abrufinduziertes Vergessen zu erforschen, bekam die Hälfte der Versuchspersonen direkt nach der Lernpräsentation ein Cortisolpräparat verabreicht, während die andere Hälfte der Versuchsteilnehmer ein Placebopräparat bekam. Neben der Erinnerungsleistung bei der Abrufübung und dem Final Recall wurde dreimal im Lauf des Experiments der aktuelle Speichelcortisolspiegel der Versuchspersonen erhoben. Zudem wurden vor der Lernpräsentation und nach der Abrufübung Befindlichkeitsfragebögen vorgelegt. Die Versuchspersonen zeigten ungeachtet der Gruppenzugehörigkeit (Cortisol- oder Placebogruppe) signifikantes Abrufinduziertes Vergessen. Allerdings konnte keine Interaktion zwischen dem Auftreten von Abrufinduziertem Vergessen und der Gruppenzugehörigkeit gefunden werden. Die Probanden aus der Cortisolgruppe zeigten kein reduziertes Abrufinduziertes Vergessen. Die Berücksichtigung von Befindlichkeitsdaten erbrachte jedoch, dass bei Versuchspersonen aus der Cortisolgruppe, die nach der Abrufübung erhöhte Werte auf der Zustandsskala des STAI (Laux et al., 1981) aufwiesen, reduziertes Abrufinduziertes Vergessen demonstriert werden konnte. Zudem konnte bei Versuchspersonen aus der Placebogruppe, die bei der letzten Cortisolmessung erhöhte endogene Cortisolwerte hatten, kein Abrufinduziertes Vergessen festgestellt werden. Die Resultate der vorliegenden Arbeit zeigen, dass die pharmakologische Verabreichung eines Cortisolpräparats nicht denselben Einfluss auf Abrufinduziertes Vergessen ausübt, wie psychosozialer Stress.