Publikation: Zugang zum Menschenrecht auf Gesundheit - Integration von psychisch belasteten Geflüchteten in die psychotherapeutische Regelversorgung
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Die Zahl der Geflüchteten war noch nie so hoch wie heute. Geflüchtete sind eine besonders belastete und vulnerable Gruppe im Hinblick auf psychische Störungen und stellen das gesundheitliche Versorgungssystem in Deutschland vor große Herausforderungen. Spezialisierte Versorgungszentren können den Bedarf nicht decken, die Regelversorgung ist nicht ausreichend vorbereitet, und es bestehen zahlreiche Barrieren im Zugang zur Versorgung. Um einen diskriminierungsfreieren Zugang zum Menschenrecht auf Gesundheit zu erreichen und strukturelle Barrieren im Versorgungssystem systematisch abzubauen, wurde seit 2017 das Konstanzer Modellprojekt „Koordinierte Psychotherapeutische Behandlung unter Einbezug von Gesundheitspat:innen“ (KOBEG) aufgebaut. Über eine zentrale Koordinationsstelle werden psychisch belastete Geflüchtete an lokale Psychotherapeut:innen im Landkreis vermittelt, während sprach- und kultursensitiv geschulte Gesundheitspat:innen (Peer Support Workers, PSWs) diese auf ihrem Weg in die Regelversorgung begleiten. Im Rahmen der vorliegenden Doktorarbeit wurden 3 Studien durchgeführt, die mithilfe unterschiedlicher methodischer Ansätze zentrale Aspekte des Projekts evaluieren. Die erste Studie (Kapitel 2: Studie I) untersucht Notwendigkeit, Effektivität und Wirksamkeit der therapeutischen Maßnahmen im Rahmen einer ersten 3-jährigen Modellphase (Pilotpro-jekt 2017 - 2020). Ergebnisse belegen eine überdurchschnittlich hohe Belastung der Geflüchteten zum Zeitpunkt des Erstgesprächs im Vergleich mit einer klinischen Normstichprobe. Die hohe Inanspruchnahme des vermittelten Therapieangebots, die geringen Abbruchraten und positiven Erfahrungen der beteiligten Therapeut:innen weisen auf Machbarkeit und Effektivität der Behandlung von Geflüchteten in Regelversorgungsstrukturen hin. Verlaufserhebungen zeigen signifikante Verbesserungen hinsichtlich psychischer Symptombelastung (Symptomchecklist-27) und Funktionsbeeinträchtigung (Work and Social Adjustment Scale) nach durchschnittlich 10 Monaten Projektteilnahme. In der zweiten Studie (Kapitel 3: Studie II) wurde anhand qualitativer Interviews explorativ untersucht, welche Aufgabenbereiche PSWs im Rahmen ihrer Tätigkeiten für das Konstanzer Modellprojekt übernehmen und welche negativen und positiven Erfahrungen PSWs in der Arbeit im Projekt erleben. Eine strukturierte qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring ergab, dass PSWs Aufgaben der „Organisation“, „physischen Begleitung“, „Kulturmittlung“, „Motivation“ und der „emotionalen Unterstützung“ ausüben und damit zentrale Aufgaben übernehmen, die dazu beitragen, Barrieren im regulären Gesundheitssystem für Geflüchtete zu überwinden. Dabei machen sie sowohl negative als auch positive Erfahrungen, wobei Fortbildung und regelmäßige Supervision entscheidend für die erfolgreiche Bewältigung der beruflichen Anforderungen sind. In einer abschließenden Fallstudie (Kapitel 4: Studie III) wird eine traumafokussierte Psychotherapie unter unsicheren Lebensumständen mit einer geflüchteten Patientin retrospektiv berichtet und analysiert. Aus der praxisorientierten Falldarstellung werden konkrete Handlungsempfehlungen für Therapeut:innen abgeleitet. Darüber hinaus sollen Hypothesen für ein dringend benötigtes Forschungsprogramm entwickelt werden, das untersucht, unter welchen Bedingungen eine traumafokussierte Psychotherapie auch unter unsicheren Lebensumständen möglich ist und welche besonderen Faktoren es hierbei zu berücksichtigen gilt. Alle drei Studien dieser Doktorarbeit beleuchten das Versorgungsmodell KOBEG auf unterschiedlichen Ebenen. Während in Studie I Patient:innen und Therapeut:innen im Mittelpunkt der Untersuchung stehen, liegt der Fokus in Studie II auf den PSWs. Studie III konzentriert sich auf die praktisch-therapeutische Ebene der Psychotherapeut:innen in der Regelversorgung. Die verschiedenen Perspektiven der drei Studien (Fokus Patient:innen, Therapeut:innen, PSWs) deuten einheitlich darauf hin, dass die koordinierte Behandlung unter Einbezug von PSWs in der Praxis umsetzbar ist und die erwartet positive Wirkung entfaltet. Zusammenfassend lassen sich vier Schlussfolgerungen zur Integration von psychisch belasteten Geflüchteten in die psychotherapeutische Regelversorgung ziehen: (1) Eine koordinierte Behandlung unter Einbezug von PSWs ist machbar und effektiv, (2) PSWs übernehmen zentrale Aufgaben im Zugang zur Versorgung, (3) Positive Erfahrungen überwiegen und Belastungen sind bewältigbar – die von PSWs erlebten Belastungen können durch eine professionelle Ausbildung, enge Betreuung durch Fachpersonal und regelmäßige Supervision bewältigt werden, (4) Traumafokussierte Psychotherapie unter unsicheren Lebensumständen erfordert individuell angepasste Strategien und die Erforschung von Risiko- und Resilienzfaktoren zur Entwicklung praxisorientierter Leitlinien. In Bezug auf bestehende Barrieren im Zugang zur Versorgung werden die hier gefundenen Schlussfolgerungen zu einem „Gestuft Integrierten Versorgungsmodell“ (GIV) weiterentwickelt. Das GIV propagiert eine koordinierte Versorgungsstruktur (coordinated care) unter Einbezug von PSWs (collaborative care) sowie ein gestuftes und integriertes Vorgehen (stepped- and integrated care) bei der Vermittlung in die Regelversorgung. Diese Doktorarbeit liefert erste Erkenntnisse eines koordinierten Versorgungsmodells für Geflüchtete unter Einbezug von PSWs und bietet daher wichtige Implikationen für zukünftige Forschung und praktische Projekt-Konzeptualisierungen, um einen diskriminierungsfreieren Zugang zum Menschenrecht auf Gesundheit zu erreichen.
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ISO 690
BOGATZKI, Lea, 2025. Zugang zum Menschenrecht auf Gesundheit - Integration von psychisch belasteten Geflüchteten in die psychotherapeutische Regelversorgung [Dissertation]. Konstanz: Universität KonstanzBibTex
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Verlaufserhebungen zeigen signifikante Verbesserungen hinsichtlich psychischer Symptombelastung (Symptomchecklist-27) und Funktionsbeeinträchtigung (Work and Social Adjustment Scale) nach durchschnittlich 10 Monaten Projektteilnahme. In der zweiten Studie (Kapitel 3: Studie II) wurde anhand qualitativer Interviews explorativ untersucht, welche Aufgabenbereiche PSWs im Rahmen ihrer Tätigkeiten für das Konstanzer Modellprojekt übernehmen und welche negativen und positiven Erfahrungen PSWs in der Arbeit im Projekt erleben. Eine strukturierte qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring ergab, dass PSWs Aufgaben der „Organisation“, „physischen Begleitung“, „Kulturmittlung“, „Motivation“ und der „emotionalen Unterstützung“ ausüben und damit zentrale Aufgaben übernehmen, die dazu beitragen, Barrieren im regulären Gesundheitssystem für Geflüchtete zu überwinden. Dabei machen sie sowohl negative als auch positive Erfahrungen, wobei Fortbildung und regelmäßige Supervision entscheidend für die erfolgreiche Bewältigung der beruflichen Anforderungen sind. In einer abschließenden Fallstudie (Kapitel 4: Studie III) wird eine traumafokussierte Psychotherapie unter unsicheren Lebensumständen mit einer geflüchteten Patientin retrospektiv berichtet und analysiert. Aus der praxisorientierten Falldarstellung werden konkrete Handlungsempfehlungen für Therapeut:innen abgeleitet. Darüber hinaus sollen Hypothesen für ein dringend benötigtes Forschungsprogramm entwickelt werden, das untersucht, unter welchen Bedingungen eine traumafokussierte Psychotherapie auch unter unsicheren Lebensumständen möglich ist und welche besonderen Faktoren es hierbei zu berücksichtigen gilt. Alle drei Studien dieser Doktorarbeit beleuchten das Versorgungsmodell KOBEG auf unterschiedlichen Ebenen. Während in Studie I Patient:innen und Therapeut:innen im Mittelpunkt der Untersuchung stehen, liegt der Fokus in Studie II auf den PSWs. Studie III konzentriert sich auf die praktisch-therapeutische Ebene der Psychotherapeut:innen in der Regelversorgung. Die verschiedenen Perspektiven der drei Studien (Fokus Patient:innen, Therapeut:innen, PSWs) deuten einheitlich darauf hin, dass die koordinierte Behandlung unter Einbezug von PSWs in der Praxis umsetzbar ist und die erwartet positive Wirkung entfaltet. Zusammenfassend lassen sich vier Schlussfolgerungen zur Integration von psychisch belasteten Geflüchteten in die psychotherapeutische Regelversorgung ziehen: (1) Eine koordinierte Behandlung unter Einbezug von PSWs ist machbar und effektiv, (2) PSWs übernehmen zentrale Aufgaben im Zugang zur Versorgung, (3) Positive Erfahrungen überwiegen und Belastungen sind bewältigbar – die von PSWs erlebten Belastungen können durch eine professionelle Ausbildung, enge Betreuung durch Fachpersonal und regelmäßige Supervision bewältigt werden, (4) Traumafokussierte Psychotherapie unter unsicheren Lebensumständen erfordert individuell angepasste Strategien und die Erforschung von Risiko- und Resilienzfaktoren zur Entwicklung praxisorientierter Leitlinien. In Bezug auf bestehende Barrieren im Zugang zur Versorgung werden die hier gefundenen Schlussfolgerungen zu einem „Gestuft Integrierten Versorgungsmodell“ (GIV) weiterentwickelt. 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